Erste Etappe der Rückkehr nach Europa: Von der Dominikanischen Republik auf die Azoren

In diesem Café in Horta auf den Azoren bin ich mittlerweile Stammkunde: Strom und Internet, und nicht zuletzt die nette Bedienung hinter der Theke… Gestern erklärte mir ein Portugiese, die Schweiz sei nach den Azoren (!) das schönste Land. Doch er selber lebt mittlerweile auf dem Festland. Horta auf der grünen Vulkaninsel Faial ist zwar einer der am stärksten frequentierte Seglertreffpunkt der Welt, denn wer vom Westen nach Osten segelt, macht – ausser in Pandemiezeiten wie im Jahr 2020 – hier Halt. Die Mole und die Piers sind flächendeckend bemalt mit den farbigen Grüssen der Besatzungen und Schiffsnamen. Doch abgesehen von diesem bisschen Tourismus und Landwirtschaft scheint es hier nicht viel Arbeit zu geben. Das Städtchen ist gepflegt, profitiert wohl von der Randregionenförderung der EU, doch viele Häuser stehen zum Verkauf. Abwanderung ist auch hier ein Thema, wie eben der Portugiese trotz der Liebeserklärung an seine vormalige Heimat zeigt.
Bisher habe ich es nicht geschafft, mich im Innern der Insel umzusehen. Das Wetter ist in der Regel zu aprilhaft mit heftigen Regenböen. Das steife Ölzeug passt nicht in den Landgangsrucksack, und die atmungsaktive Jacke verdient nicht einmal mehr das Prädikat «wasserabweisend»… Deshalb hier ein Rückblick auf die Reise über den Atlantik:

27. Februar 2023, 2. Tag auf See.
Vorgestern kam Anne-Flore freudestrahlend an Bord zurück und sagte: «Wir sind frei, alles erledigt, morgen früh gehts los.» Also gestern Sonntag Wecken um 5 Uhr. Letzte Schritte, das Schiff seeklar zu machen. Doch dann kehrte die «Yuandong» in den Hafen von Boca Chica zurück, der Tanker, auf dem wir zuvor zum Essen eingeladen waren. Zwei Schlepper versuchten, das Schiff an den Platz zu bugsieren, den wir dafür am Tag zuvor geräumt hatten. Der Kapitän und der Ingenieur, mit dem ich diskutiert hatte, standen an Deck, lachten herüber und zeigten an: Die Hafenbehörde hatte sich verschätzt, der Platz ist zu kurz. Also wieder weg vom Pier. Umgruppieren anderer Schiffe, unter anderem mussten wir die «Tres Hombres» ein paar Meter weiter verholen. Das kostet Zeit. Endlich lag die «Yuandong» am Pier. Sie hatte wohl nur ein paar Tage auf See verbracht, um Hafengebühren zu sparen. Was mit dem Schiff geschehen soll, ist offen. Es steht kurz vor dem Abwracken, der Kapitän ist gegen seinen Willen längst Monate über die Vertragszeit hinaus an Bord. Ist der Tanker ein Kandidat, irgendwo verlassen zu werden? Mit einer Mannschaft ohne Perspektiven, Geld und Rückflugticket an an Bord? Und wenn er abgewrackt wird, dann wohl in Bangladesh oder Indien auf dem Strand, ohne Sicherheits- und Umweltschutzmassnahmen.
Zeit Segel zu setzen. Doch Anne-Flores Freude vom Vortag, alle Formalitäten seien erledigt, erhielt einen harschen Dämpfer. Trotz Sonntagmorgen standen wieder Staatsvertreter auf der Pier. Einer trägt ein goldiges Abzeichen um den Hals als ob er eine Olympiamedaille errungen hätte. Schliesslich ist man Behörde und muss die Wichtigkeit unterstreichen. Anne-Flore ist sauer, sehr sauer, aber beherrscht. Nochmals die Mannschaftsliste ausdrucken. Alle Pässe aus dem Schiffstresor holen. Angeschaut wir nur einer, schliesslich soll man sich als Funktionsträger nicht überarbeiten. Nun kommen Uniformierte im Kampfanzug mit einem zivilen Auto hinzu. Immerhin bleibt uns diesmal das Ritual mit den Drogenhunden an Bord erspart. Ich mag den Viechern ihren Sonntag gönnen. Die Strassen- respektive Hafenhunde schauen dem staatstragenden Treiben gelangweilt zu oder versuchen mit Leuten aus unserer Crew zu spielen, suchen Anschluss an Menschen.
Als schliesslich klar wird, dass trotz aller Schikanen bei uns kein Geld, keine Whiskyflasche, keine Zigarettenstange und keine Bierkiste zur Beschleunigung des Staatsakts zu holen ist, gaben die Behörden auf. Wir durften in See stechen!

3. März, 6. Tag auf See.
Gestern Nacht haben wir die Mona-Passage zwischen den Inseln Hispañola und Puerto Rico endlich hinter uns gebracht, nachdem wir auf und ab segelnd auf den Wind aus der richtigen Richtung gewartet hatten. Einmal waren wir nach einem Tag segeln wieder am gleichen Punkt wie 24 Stunden zuvor.
Leise lief in der Passage beim Ruderstand ein Konzert von Benny Goodman. Spannende Soli, in der Einsamkeit der See ist Musik (und nicht nur diese) intensiver. Zu Hause würde ich dazu Gemüse schnippeln oder sonst etwas erledigen, hier habe ich Zeit, zuzuhören. Das Meer funktioniert als Geschmacksverstärker des Lebens.
Heute haben wir wieder einen Fisch gefangen, einen Dorado oder, wie Anne-Flore sagt, ein Maimai. So nenne man diese Fische im Pazifik. Sie schneidet jeweils so schnell wie möglich das Herz heraus und isst es oder teilt es mit anderen. Diesmal habe ich ein Stück probiert. Kulinarisch nichts Besonderes. So stelle ich mir rohe Leber vor. Aber das rohe Herz zu essen, das vor Minuten noch geschlagen hat, ist eher ein Akt des Respekts vor dem Tier, das für uns sein Leben lassen muss. Das Ritual mag befremden. Aber letztlich ist es weniger barbarisch als fertig abgepacktes Fleisch ohne Bezug zum Leben und zum Töten im Supermarkt zu kaufen.

Keine Angst vor Blut: Unsere Kapitänin Anne-Flore verfügt über viel Erfahrung, Fische zu zerlegen.

7. März, 10. Tag auf See.
Frust, Ärger! Zwar begann der Tag gestern erfreulich: Der Atlantik lud während totaler Flaute zum Bade bei einer Tiefe von über 5000 Metern. Da schlägt man sich den Kopf beim Sprung ins Wasser garantiert nicht an. Dann aber folgte die Nachmittagswache: Ich machte mich wieder am kleineren der beiden Fässer zu schaffen, die als Lager für allerlei Tauwerk an Deck stehen. «Schleifen und ölen» hiess der Job, den ich bereits vor Boca Chica gefasst hatte. An praller Sonne schwitzend schliff ich den ganzen Nachmittag. Als das Fass endlich bereit fürs Leinöl war, ging die Sonne gerade unter. Wachführerin Rosa verschob das Ölen auf morgen. Mein Argument, das Holz sei vollkommen ungeschützt und könnte nass werden, konterte sie damit, dass es mit Sonnenwärme das Öl besser aufnehme. Später meinte sie dann zwar, eigentlich sei es mein Projekt, wenn es unbedingt sein müsse, könne ich doch noch zum Ölpinsel greifen. Aber da war es schon dunkel.
Dann öffnete praktisch aus dem Nichts der Himmel die Schleusen. Der intensivste Platzregen der ganzen Reise, Böen, einige Segel bergen, Hektik zum Wachwechsel. Am nächsten Morgen dann die Bescherung: Das Wasser hatte mein hell geschliffenes Fass dunkel gefärbt. Schwarze Flecken zeigen an, wo die Gerbsäure in der Eiche mit Metall reagiert hat. Die ganze Arbeit für nichts! Dabei hätten zehn Minuten gereicht, das Holz zu schützen.
Ich ärgere mich vor allem über mich selbst: Zuerst akzeptiere ich einen Job, auf den ich keine Lust habe. Dann packt mich der Ehrgeiz, diesen besonders gut zu machen. Doch lasse ich mich zehn Minuten vor dem Ziel verunsichern. Da muss ich konsequenter, beharrlicher werden.

Auf See nimmt man den Himmel viel intensiver wahr.
Unter anderem wegen solcher Momente liebe ich den Atlantik.

9. März, 12. Tag auf See.
«Luëget vo Bärge i ds Tal» (Schaut von den Bergen ins Tal). Diese Schweizer Volksliedzeile fällt mir in dem kurzen Moment oben auf dem Wellenkamm ein, wenn ich ins nächste Wellental blicke. Gestern schätzte unsere Kapitänin die Wellenhöhe auf sechs Meter, heute ist es mehr. Dabei sind Wellen hier auf offener See ganz anders als wenn man am Strand in die Brandung blickt. Dort kommen sie einem in regelmässigen Abständen entgegen. Hier sind dagegen Landschaften unterwegs, ganze Massive mit Vor- und Nebengipfeln und auf dem Hauptkamm weisser Schaum, der an Gletscher erinnert. Doch noch schneller als wir die Gletscher vernichten fallen diese Berge in sich zusammen. Die tausenden Tonnen Wasser, die vom Wind getrieben den Aufstand gegen die Schwerkraft proben, sinken zurück. Zurück bleibt ein weisser Schaumfleck, der stetig das nächste heranrollende Gebirge hinauf zu klettern scheint. Aber eigentlich schiebt sich die nachkommende Welle unter den Resten der vorangegangenen hindurch, nimmt auf unergründliche Art deren Energie auf und trägt sie weiter.
Die Gebirge mit den weiten Tälern – ich nenne sie oft «sanfte Riesen» – sind vermutlich Dünung, Reste eines Sturms weit weg. Darüber die Wellen und die Schaumkronen, die unser aktueller Wind antreibt. Eine Welt in Bewegung, Faszination pur. Liebe zum Ozean.
Anne-Flore hat es verstanden, den Kurs so abzustecken, dass wir zwar von den Tiefs und deren Winden profitieren, aber bisher von Regen und Kälte (mit der einen ärgerlichen Ausnahme) weitgehend verschont geblieben sind. Stürme, welche die Crew erschöpfen, mag sie nicht. Und nach der Erfahrung vor Dieppe ist auch niemand scharf darauf. Nach wie vor segle ich in den Sandalen. Das Wasser, das die Füsse umspült, ist meistens wärmer als die Luft.

14. März, 17. Tag auf See.
«Eine Hand für Dich, eine Hand fürs Schiff.» Diese eiserne Regel kennt auch Ausnahmen, beispielsweise: «Zwei Hände für die Spaghetti». Ich bin gerade dabei, mir meine Ration al Pomodoro in den Blechnapf zu füllen, als das Schiff unvermittelt rollt, stark überholt. Meine Stiefel, zu denen ich mittlerweile doch greifen musste, verlieren die Bodenhaftung. Mit der Schüssel in der Hand schlittere ich ins Lee. Dann finden meine Waden Halt an den Kochtöpfen, die unser Koch Frederico an der hohen Schwelle abgestellt hat. Doch der Rest meines Körpers lässt sich dadurch nicht stoppen und fliegt weiter, rückwärts Kopf voran aus der Galley raus.
Rosa, die hinter mir in der Schlange zum Mittagessen steht, fängt mich auf, fällt ebenfalls. Ich rapple mich hoch, «Sorry!» Flinke Hände putzen die an der Wand und in der dort hängenden Bratpfanne klebenden Tomatenspaghetti weg. Niemand ist verletzt. Aber erstens war meine unfreiwillige Performance im wahrsten Sinn des Worts «umwerfend». Und zweitens könnte man den Spruch «hinter jedem Mann steht eine starke Frau» kaum plastischer inszenieren. Hätte Rosa mich nicht aufgefangen, wäre ich mit dem Hinterkopf an den Behälter des Rettungsflosses geknallt.

Koch Frederico in Aktion.

16. März, 19. Tag auf See.
Die erste Wache letzte Nacht war eine der besten, die ich je erlebt hatte. Als wir nach dem Abendessen um 20 Uhr antraten, hatte die Backbordwache gerade Partystimmung. Im Dunkel gegen die etwas hellere See sich abzeichnende Schatten wiegten sich im Takt der Musik. Seit 24 Stunden hatten wir kaum Wind, das Schiff rollte in der Dünung. Dabei ging das Grosssegel kaputt: Wenn das Schiff sich in einer Welle wieder aufrichtet, füllt sich das Segel mit einem dumpfen Knall mit dem so entstehenden «Wind». Dieses schlagartige Flappen zerriss das mittlerweile spröde Tuch entlang eines alten Flicks auf der Länge eines halben Meters, weswegen wir es tagsüber herunterholen und mit einer Handnaht einen weitern Flick aufsetzen mussten. Nachts jedoch sind Flautenwachen langweilig. EineR steht am Ruder und versucht, trotz der tiefen Geschwindigkeit einigermassen Kurs zu halten. Jemand verschwindet in die Galley, um das Brot zu machen. Fällt niemandem ein Anfang für ein Gespräch ein, döst man. Saures Nichtstun. Oder man hört eben Musik, wie eben gerade die Backbordwache. Kaum waren diese dann für ihr Abendbrot verschwunden, schaltete unsere Wachführerin Rosa die Musik aus.
Dem bereits für den Nachmittag angekündigten Wind ist es nun eingefallen, sich doch noch einzufinden. Besser spät als nie… In der Flaute hatten wir nur die Rahsegel und zwischen den Masten das unterste Stagsegel gesetzt, denn das Flappen – wie es das beschädigte Grossegel zeigt – setzt dem Tuch zu. Nun aber setzen wir ein Segel nach dem andern. Innenklüver, Vorstagsegel, Aussenklüver, die beiden «Bobs», Grosssegel, Gaffeltopsegel. Einfach alles Tuch, was wir ins Rigg bringen können ausser dem Flieger, der ebenfalls eine Reparatur braucht. Und natürlich können wir die Rahsegel in die richtige Position brassen. Ich bin in Erwartung einer weiteren Flauten-Herumsteh-Wache zu warm angezogen. Auch die anderen schwitzen. Glücklich, endlich Action! Und die Freude, in einem eingespielten Team zu arbeiten.
Unsere alte Dame erwacht mit jedem hochgehenden Segel ein bisschen mehr. Nach zwei Stunden läuft sie bei einer angenehmen Brise über sechs Knoten. Über uns der Sternenhimmel: Orion, der Stier, die Pleiaden, Sirius… Im Norden der grosse Bär und der Polarstern, einzelne Sterne des kleinen Bären und des Drachen. Dann hören meine Kenntnisse auf. Zwar finde ich jede klare Nacht Formationen, die ich wiedererkenne. Doch Namen haben sie für mich keine. Noch der Abwasch und eine Stunde steuern, dann ab in die Koje. Die zweite Wache diese Nacht kann ich auslassen, ich habe «Ferien», kann acht Stunden am Stück schlafen. Herrlich!

Reparatur auf See: Das Flappen bei Flaute hat ein Loch in das Grosssegel gerissen.
Auch der Flieger (das äusserste Vorsegel) musste genäht werden. Es wieder auf dan Bugspriet zu bringen ist Teamarbeit.
Ist der Flieger dann an Ort, muss er mit Stagreitern am äussersten Stag angeschlagen werden.

17. März, 20. Tag auf See.
Die Backbordwache hat sich eine knifflige Schatzsuche für uns ausgedacht. Wir müssen jeweils ein Rätsel lösen, wo der Zettel mit dem nächsten Rätsel versteckt ist. Wir schaffen es nicht während einer Wache, müssen uns während der nächsten Wache zwischen den Manövern und dem Putzen der Galley den Kopf weiter zerbrechen. Schliesslich stellt sich heraus, wo der Schatz versteckt ist. Bootsfrau Estée birgt die wasserfest eingepackte Tafel Schokolade von der Plattform des Hauptmasts.
Auch während der als Two-o-clockies bezeichneten Vollversammlungen beim Wachwechsel um 14 Uhr spielen wir manchmal. Beispielsweise dass drei Teams gegeneinander antreten und jedes ein paar Liedzeilen zum besten geben muss, in denen ein Tier vorkommt. Wer am meisten Lieder kennt, gewinnt. Viel Gelächter und am Schluss die Einigung darauf, dass wir alle gesiegt haben. Wir haben mit der Frachtsegelei eine Mission, aber tierischen Ernst lassen wir nicht nur bei schönem Wetter weg. Das ist bei allem Schlafmanko und den zwischenzeitlichen Anstrengungen das Erholsame am Leben auf der «Tres Hombres». Nur in einer Mail aus Den Helder von Kapitän Andreas erreicht uns zwischendurch die Welt ausserhalb der Frachtsegelszene: Krieg, Migration, Inflation, Wirtschaftswachstum und Klimawandel. «Rettet bitte das Klima indem ihr auf Holzöfen verzichtet, die Vulkane und die Dieselautos stoppt und aufhört Kartoffeln anzubauen», spottet er. «Aber lasst die Containerschiffe laufen, baut Windparks, konsumiert via Amazon und kauft Teslas!»
Apropo Tesla: Dieser steht für die Illusion, mit Technik den Klimawandel in den Griff zu kriegen. Aber die Probleme liegen in den Strukturen, im System. Und strukturelle Probleme lassen sich nicht alleine durch ein paar technische Retuschen lösen. Die nötigen Veränderungen gehen viel tiefer.

Horta, 23. März 2023
Gestern früh sind wir hier nach 24 Tagen auf See mit Schlepperhilfe im Hafen in Horta auf den Azoren eingelaufen. Letzte Station bevor wir nach Amsterdam aufbrechen. Zwischenhalt, Kräfte sammeln, Lebensmittel und Wasser bunkern, Neuigkeiten mit zu Hause Gebliebenen austauschen. Gute Nachrichten: Nationalrätin Florence Brenzikofer (Grüne BL) verlangt vom Bundesrat, er solle in einem Bericht aufzeigen, wie die Schweizer Schifffahrtsindustrie so reguliert werden könnte, dass sie im Einklang mit den Klimazielen von Paris funktioniert. Keine leichte Aufgabe. Es ist absehbar, dass sich der Bundesrat mit formalen Argumenten à la «die Flaggenstaaten sind verantwortlich» davor drücken wird. Aber Schweizer Business (Reeder und Rohstoffhändler) auf See verursacht das Siebenfache an CO2-Emissionen als was wir im Inland dem Klima zumuten. Hoffentlich greifen einige Medien das Postulat auf. Schliesslich werden die Gletscher nicht zuletzt durch die Klima-Sünden auf den Ozeanen vernichtet.
Eine weitere gute Nachricht: Der Vorstand der Grünen hat das Referendum gegen die Tonnagesteuer beschlossen. Argument: Reeder und Rohstoffhändler haben dieses Steuergeschenk nicht nötig. Für uns eine Gelegenheit, auf weitere Aspekte der Verantwortung hinzuweisen, welche die Schweiz eigentlich aufgrund der Geschäfte auf See übernehmen müsste.
Die Ankunft hier löst gemischte Gefühle aus. Einerseits geht die Reise nun innerhalb eines Monats zu Ende. Schulter, Fingergelenke und die Ellbogen signalisieren, dass dies wohl das letzte Abenteuer auf so einem Schiff war, wenn es mich auch juckt, es doch nochmals zu versuchen. Aber der Abschied naht. Andererseits habe ich, für den Wachwechsel gerade in der Tiefschlafphase geweckt, zwischendurch auch gedacht, es sei nun doch bald genug. Das Leben auf See kann süchtig machen, ist aber zwischendurch auch hart. Zugleich ein Traum und eine Herausforderung. Wenn man Decksklamotten trocken in die Kabine hängt und sie kurz darauf wieder nass sind, weil sie derart mit Salz geschwängert die Feuchtigkeit der Luft magnetisch anziehen, dann muss man sich schon etwas anstrengen, um Freude über diese Erfahrung zu entwickeln. Aber hier im schönen Städtchen Horta haben wir nun die erste warme Dusche (mit Süsswasser!) seit Martinique. Und wenn man die Salzkleider mitduscht, sind sie auch etwas entsalzen. Und die Karawane von Bord orientiert sich in Richtung Waschsalon, um die letzte Etappe sauber antreten zu können. Angesichts der gemischten Gefühle ist es ein Aufsteller, nicht nur persönlich zu Hause erwartet zu werden, sondern auch weitere Perspektiven und Aufgaben zu sehen, die Arbeit auf einer anderen Ebene fortzusetzen.
Dem Klimawandel und dem Artensterben kann man nicht davonsegeln.