Schreckliche Nachricht, Trauer an Bord

Mittwoch im Hafen von La Rochelle. Wer an Bord ist, arbeitet: Der Laderaum muss für die am Freitag ankommende Fracht geputzt werden. Und an Deck gibt es immer etwas zu flicken. Dann heisst es, wir sollten alle an Steuerbord zusammen kommen. Kapitän Arthur berichtet: «Die Gallant gibts nicht mehr.» Das Schiff der französischen Blue Schooner Company ist südlich der Bahamas offenbar in eine Fallwind-Turbulenz geraten, gekentert und innerhalb einer halben Stunde gesunken. Von den acht Personen an Bord hat die Küstenwache per Helikopter sechs retten können. Ein Video aus dem Helikopter zeigt, dass die Crew noch Zeit gefunden hatte, die Überlebensanzüge anzuziehen. Diese halten im Wasser den Körper warm.

Die Gallant hatte uns auf meiner ersten Reise vor Martinique besucht. Gemeinsam haben wir später in Santa Marta Fracht geladen. Auf meiner zweiten Reise lag der Schoner im Hafen von Dieppe, den wir nach dem «Bloody hell trip» (siehe den Blog-Beitrag weiter unten) ausserplanmässig anliefen. Rymke und ich liefen um das ganze Hafenbecken, um die Gallant zu besuchen. Auf der Tres Hombres herrschte die feuchte Novemberkälte, auf der Gallant, die gerade überholt wurde, hatten sie einen Ofen, teilten ihr Abendessen mit uns. Das 1916 als Fischerboot gebaute Schiff war lange als Segel-Passagier- und Ausbildungsschiff unterwegs, transportierte aber seit 2017 Fracht, unter anderem den Kaffee für Atinkana, das kolumbianisch-schweizerische Kaffeeprojekt. Dies in Zusammenarbeit mit Fairtransport, der Reederei, die auch die Tres Hombres betreibt. In Santa Marta hatten sie geladen, waren auf dem Rückweg nach Europa. Kurz: De Gallant war Teil der immer noch kleinen Frachtsegelfamilie. Wer die beiden Frauen sind, die mit Helikoptern und Schiffen gesucht wurden, wissen wir nicht. Am Donnerstag dann die Nachricht, dass die Suche eingestellt wurde.

Auch der Unfallhergang ist noch nicht im Detail bekannt. Doch wie der Fallwind in La Chaux-de-Fonds im letzten Jahr zeigte, ist lokal konzentriert mit extremen Windgeschwindigkeiten und auch an Land mit hohen Schäden zu rechnen. In La Chaux-de-Fonds wurden bis zu 200 Stundenkilometer gemessen. Ein Schiff, das wegen der leichten Winde viele Segel gesetzt hat, wird erbarmungslos zur Seite gedrückt. Sind dann wegen der hohen Temperaturen Niedergänge und Luken offen, läuft es schnell voll.

Sonntag: Einzelne Crewmitglieder wirkten nachdenklich. Ich bin erschüttert, zwei Tage ging es mir schlecht. Auch wenn ich die Crew nicht näher kenne: Ich war an Bord, wir haben gemeinsam gefeiert, sie haben uns das Schiff gezeigt. Und sie haben für das Gleiche gearbeitet wie wir: Das transportieren, was im Zielland nicht hergestellt werden könnte. Und dies so weit als möglich emissionsfrei.

Angesichts der Schwierigkeiten, Schiffe segelfertig zu machen, angesichts der Probleme, Geld für Segelfrachter aufzutreiben, ist neben dem tragischen Tod der beiden Crewmitglieder der Untergang der Gallant ein Rückschlag für die Bewegung. Der Dreimaster Vega liegt seit Monaten untätig in Amsterdam, weil die kanadische Sailcargo Inc. keine Versicherung findet, die den Frachtverkehr zwischen Südamerika/Karibik und der US-Ostküste versichern will. Es ist zu befürchten, dass sich die Versicherungen noch heftiger weigern werden, Segelfrachter zu versichern. Doch die Gallant wäre auch untergegangen, wenn sie als Charterboot für Passagiere unterwegs gewesen wäre. Dann wären sicher auch mehr Leute an Bord gewesen.

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